Ein Jahr Einsatz für Demokratie und Menschenrechte
Die Omas gegen Rechts Darmstadt feiern Geburtstag
Wer hätte das gedacht: Gerade mal eine Handvoll älterer Darmstädterinnen fand sich am 23. April 2024 zusammen, um eine Gruppe „Omas gegen Rechts“ in der Stadt zu gründen – und heute stehen mehr als 250 Namen im ständig wachsenden E-Mail-Verteiler. Zusammengeführt hat die Günderinnen die Überzeugung, dass man dem wachsenden Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus auch in Darmstadt sichtbar entgegentreten müsse.
Und das tun die Omas gegen Rechts Darmstadt seither – phantasievoll, kreativ und engagiert. Sei es, um am 75. Jahrestag des Grundgesetzes mit Hüten und Schirmen deutlich zu machen, wie wertvoll die deutsche Verfassung ist und wie sehr sie „behütet“ und verteidigt werden muss, wenn rechte Staatsfeinde versuchen, sie von innen heraus auszuhöhlen. Sei es als Teil einer Menschenkette gegen den AfD-Parteitag Ende November 2024 in Hofheim im Taunus. Oder als Mit-Demonstrantinnen beim Aktionstag in Darmstadt „Wähl‘ Liebe“ für die Rechte queerer Menschen im Februar.
Ein Jahr voller Aktionen und Aktivitäten liegt hinter den Darmstädter Omas. Das starke Abschneiden der AfD bei der Bundestagswahl im Februar sehen sie als Beleg dafür, dass ihr Engagement wichtiger ist denn je: aufklären, wachrütteln, Zivilcourage zeigen, Mut machen. Denn je mehr Menschen sich gegen den Rechtsruck engagieren, so die Überzeugung, desto eher gilt: „Nie wieder Faschismus.“
Der 1. Geburtstag war Anlass für einige der Aktiven zurückzublicken: Was war das für ein Jahr! Hier sind ihre Statements:
Ulrike:
„Worüber wir uns im Rückblick auf das Jahr gemeinsamer Arbeit für die Demokratie freuen können:
Über jede Frau, die durch uns Mut und Energie gefunden hat, ihre Stimme zum Schutz unserer Demokratie zu erheben.
Über unseren Slogan:
„Wer, wenn nicht wir?
Wo, wenn nicht hier?
Wann, wenn nicht jetzt?
Omas gegen Rechts!“
Darüber, dass wir uns bei Aktionen 100% aufeinander verlassen können. Über unsere Klarheit in der Haltung gegen Extremismus und für Menschenwürde und über unsere große Kreativität dabei, sie zu zeigen. Über unseren Mut, auch schwierige „Missionen“ anzugehen, und unsere Stärke, uns nach negativen Erfahrungen gegenseitig wieder aufzubauen. Darüber, dass wir ein Teil der größten deutschen Frauenvereinigung sein dürfen. Über 40.000 Omas können sich nicht irren!“
Brigitte:
„Wir ,Omas gegen Rechts‘ arbeiten in Darmstadt erst ein Jahr zusammen, aber was war das für ein Jahr!! Wir haben so viel in die Wege geleitet und auf die Beine gestellt – jede so wie sie mag und kann. Leider haben wir es nicht geschafft, das gute Ergebnis der AfD zu verhindern. Aber wir arbeiten weiter dran.
Mir gefällt vor allem, dass wir uns ohne Vorbehalte mit einer großen Zugewandtheit begegnen und ohne Hierarchie zusammenarbeiten. Und alle haben dasselbe Ziel: Den Aufstieg der Rechtsextremen zu stoppen und mit Argumenten zu überzeugen. Und feiern können wir auch zusammen. Es macht einfach Spaß, bei den Omas zu sein – und es war eine Superentscheidung, zur Gründungsversammlung im April zu gehen.“
Eine Gründerin:
„Es ist faszinierend zu erleben, wie wir Frauen in guter Zusammenarbeit tolle Aktionen starten, um in der Öffentlichkeit unser Eintreten für Demokratie, Solidarität und Respekt zu zeigen. Wir bleiben nicht allein mit unseren Ängsten über die politische Entwicklung nach rechts. Im Nu ist aus einer kleinen Gruppe von erst drei, dann 15 Frauen eine stattliche Gruppe von über 100 Frauen
geworden.“
Ev:
„Am meisten hat mich die Kreativität und Handlungsfähigkeit unserer Gruppe beeindruckt, sei es bei großen Demos in Kooperation mit dem Bündnis gegen Rechts oder auch bei eigenen Aktionen wie zum Grundgesetzgeburtstag oder bei der Solidaritätsbekundung mit den gegen Rassismus demonstrierenden Bewohner:innen eines Altenheimes.“
Kira:
„Was hat mich in diesem ersten Jahr am meisten beeindruckt, bewegt, beschäftigt…:
• Die vielen Frauen, die viele Aktivitäten gemeinsam entwickelt und durchgeführt haben.
• Das große Engagement Aller für das gemeinsame Ziel – gemeinsam unbedingt etwas erreichen (bzw. verhindern) zu wollen.
• Die Form der autonomen Organisation ohne Hierarchie.
• Der freundschaftliche Umgang und die selbstverständliche Kommunikation untereinander.
• Das gegenseitige Verständnis sowie das Zusammengehörigkeitsgefühl.
• Anscheinend haben wir alle einen ähnlichen Erfahrungshintergrund und uns verbindet die Angst vor dem, was kommen könnte, und dass es unbedingt verhindert werden muss. Denn es gibt nicht nur die Beispiele aus der Vergangenheit, sondern auch aktuell Typen wie z.B. Putin, Trump, Erdogan, Xi Jinping und Andere.“
Elsbeth:
„Es macht mir Spaß, mich seit einem Jahr bei den Omas gegen Rechts Darmstadt zu engagieren und mich somit aktiv für unsere Demokratie einzusetzen. Gemeinsam mit anderen Omas Aktionen auf die Beine zu stellen, sich zu vernetzen, für unsere Werte einzustehen…all das macht mir Freude und hilft mir, besser mit der aufwühlenden Lage in Deutschland und der Welt umgehen zu können.“
Monika:
„Am meisten beeindruckt hat mich, dass bei den Treffen der Omas sowohl großer Ernst angesichts der Schwere des Themas als auch Fröhlichkeit in der Gemeinschaft und Optimismus ihren Platz haben. Und immer wieder beeindruckt mich der Mut der ehemaligen Lehrerinnen, die sich als Omas gegen Rechts bei Schulbesuchen im Unterricht engagiert mit den AfD-Kommentaren so einiger junger Berufsschüler auseinandersetzen.“
Renate:
„Mich hat beeindruckt, wie positiv die Reaktionen auf unsere Aktionen waren, insbesondere von jungen Frauen. Und mir gefällt sehr, dass politisches Engagement auch Spaß machen kann!“
Hildegard:
Schon lange hatte ich das Bedürfnis, mich gegen diese rechte
antidemokratische Entwicklung in irgendeiner Weise zu engagieren. Nur an Demos teilzunehmen, war mir irgendwann zu wenig. Die Gründung der „Omas gegen Rechts“ in DA war genau das, was ich gesucht hatte: Eine Gruppe, die sich noch finden musste, noch nicht etabliert war, mit dem Ziel, gemeinsam gegen die rechten Tendenzen aktiv zu werden.
Beeindruckend finde ich noch immer die Dynamik und den Einfallsreichtum der „Omas“, die zahlreichen Aktionen zu organisieren und zu gestalten. Den Umgang der „Omas“ miteinander innerhalb der Gruppe/n empfinde ich als wohltuend respektvoll. Jede kann sich ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten entsprechend einbringen, es gibt keinen Profilierungsdruck.
Es macht Spaß, gemeinsam einen Stand zu betreuen, trotz Schweißperlen im Sommer und kalter Füße im Winter, mit Menschen dabei ins Gespräch zu kommen – auch wenn es nicht immer freundlich zugeht, mit Seifenblasen „locken“, fröhliche süße Glückwünsche zum Internationalen Frauentag zu verteilen, gemeinsam zu demonstrieren und zu zeigen:
Wir sind hier und wir werden immer mehr!
Gedicht zum 1. Geburtstag der OMAS GEGEN RECHTS Darmstadt
Kaum zu glauben, doch es ist wahr,
wir Omas gegen Rechts (Darmstadt) werden heute 1 Jahr.
Für diesen Geburtstag brauchte es mutige Frauen,
die sich nach links und besonders gegen Rechts umschauen,
die nicht mit ihren Körpern die Sofen durchsitzen,
sondern mit weiteren Frau’n in Diskussionen sich erhitzen
und ruck zuck wurden wir immer mehr,
sind 250 Frauen und das ist nicht lange her.
Wir geh’n auf die Straßen zum protestieren,
mal leise, mal laut und keine tut sich genieren
gegen die A F D einzutreten
dafür wurde Keine persönlich gebeten.
Wir Frauen haben einfach gesehen,
das kann politisch so nicht weitergehen.
In eisiger Kälte, die Zehen gefroren
Haben wir Auftritte gegen Rassismus beschworen.
Im Sommer stand uns der Schweiß auf der Stirn
und begeistert machen wir weiter, mit Herz und Hirn,
um deutlich zu zeigen: bis hierher und nicht weiter,
ich hoffe wir bleiben auch weiterhin heiter.
Mit Singen und Tanzen und guten Gedanken
weisen wir Rechte in Ihre Schranken!
Laßt uns nun feiern, in diesem Falle
Erheben unser Glas und trinken auf Alle
Herzlichen Glückwunsch uns Omas!
Wünscht Hanne
