8: März Internationaler Frauentag - weltweit
Was in 114 Jahren Weltfrauentag erreicht wurde - und was nicht
Es gibt ihn seit 1911 und seit 1921 liegt er auf dem 8. März: der Internationale Frauentag. Seitdem wird er begangen als ein Kampftag und als ein Tag des Protests gegen die Macht des Patriarchats. Viel wurde seitdem erreicht, viel wurde erkämpft – von Frauen weltweit, mit Unterstützung weniger Männer.

1909 traten Näherinnen in New York in einen Generalstreik für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen.
https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/Der-Frauentag-und-der-lange-Kampf-um-Gleichberechtigung,frauentag340.html
Wichtige Meilensteine in der Geschichte der Frauenrechte
1893
Frauen werden in Deutschland zum Abitur zugelassen.
1899
Im Deutschen Reich werden erstmals offiziell Frauen zu den Staatsprüfungen der Medizin, Zahnmedizin und Pharmazie zugelassen.
1903
Die Physikerin Marie Curie erhält als erste Frau den Nobelpreis.
1903
Die 1903 gegründete Frauenrechtsbewegung der Suffragetten in Großbritannien (abgeleitet vom englisch/französischen Begriff suffrage für Wahlrecht) bewirkt mit ihrem passiven Widerstand, Störungen offizieller Veranstaltungen sowie Hungerstreiks in Europa ein längerfristiges Umdenken. Es dauert zwei Jahrzehnte, bis die organisierten Frauenrechtlerinnen am 2. Juli 1928 ihr Ziel erreichen und das Frauenwahlrecht in Großbritannien endgültig eingeführt wird.
1908
tritt die lang umkämpfte Vereinsfreiheit für Frauen in Kraft. Ab jetzt dürfen in Deutschland auch Frauen Mitglieder einer Partei werden.
1911
Der erste Weltfrauentag findet am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA statt.
1918
Die moderne Frauenbewegung beginnt Anfang des 20. Jahrhunderts. Im November 1918 wird das Frauenwahlrecht in Deutschland rechtlich verankert – und zwar aktiv sowie passiv. Zudem gilt ab sofort das Recht auf Erwerbstätigkeit und Bildung. Die erste Reichstagswahl mit Frauenwahlrecht findet 1919 statt: 41 weibliche Abgeordnete ziehen in die Weimarer Nationalversammlung ein. Fast 90 Prozent der Frauen gehen wählen.
1949
Am 8. Mai 1949 wird die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in das deutsche Grundgesetz aufgenommen; Bestimmungen im Gesetz werden jedoch noch nicht angepasst. Die Realität der jungen deutschen Bundesrepublik ist nach wie vor von einem patriarchalischen Ehe- und Familienverständnis geprägt, das sich immer noch auf Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) von 1896 stützt: Der Mann ist das Oberhaupt der Familie und entscheidet in allen ehelichen Angelegenheiten in letzter Instanz. Die Ehefrau ist verpflichtet, den Haushalt zu führen.
1952
Am 24. Januar 1952 wird das „Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter“ vom Deutschen Bundestag beschlossen. Werdende Mütter dürfen sechs Wochen vor und sechs Wochen nach der Geburt zu Hause bleiben. Während der gesamten Schwangerschaft brauchen sie keine körperlichen Arbeiten mehr verrichten und auch Nacht- und Sonntagsarbeit sowie Kündigungen bis zu vier Monate nach der Geburt werden verboten.
1954
Frauen dürfen in Deutschland in den öffentlichen Dienst.
1957
“Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu.” So lautete § 1354 des Bürgerlichen Gesetzbuches, der sogenannte Gehorsamkeitsparagraph, der dem Mann in einer Ehe das Recht zur Entscheidung aller gemeinsamen Angelegenheiten zusprach. Am 18. Juni 1957 wird er ersatzlos gestrichen.
1961
Unter Konrad Adenauer wird die CDU-Politikerin Elisabeth Schwarzhaupt die erste weibliche Bundesministerin und erreicht damit das höchste politische Amt, das eine Frau bis dahin in der Bundesrepublik Deutschland innehatte.
1962
Frauen dürfen ein eigenes Bankkonto haben.
1968
Während einer Konferenz des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes wirft Heike Sander Tomaten in Richtung des Vorstandstisches und startet damit eine neue Frauenbewegung. Noch am selben Tag gründeten Frauen in den verschiedenen Landesverbänden so genannte Weiberräte. Die Parole lautet „das Persönliche ist politisch“.
1970
Nach fast 15 Jahren hebt der DFB das Fußballverbot für Frauen auf. Gespielt wird nämlich zum Glück trotzdem überall – und zwar von bis zu 60.000 Mädchen und Frauen.
1971
Unter dem Motto „Mein Bauch gehört mir“ wird deutschlandweit gegen das Abtreibungsverbot demonstriert. Der STERN titelt „Wir haben abgetrieben“ und druckt eine von Alice Schwarzer initiierte Kampagne, bei der 374 Frauen, darunter auch sehr prominente, zugeben, eine Schwangerschaft abgebrochen und damit gegen geltendes Recht verstoßen zu haben. Durch die Aktion wird das Tabuthema Schwangerschaftsabbruch erstmals öffentlich.
1974
Paragraph 218: Der Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft wird unter Bedingungen straffrei.
Die sogenannte Hausfrauenehe wird abgeschafft und durch das Partnerschaftsprinzip ersetzt. Ab jetzt gelten für die Ehe keine gesetzlich vorgeschriebene Aufgabenteilung mehr und diese ist den Eheleuten überlassen.
1976
In Westberlin entsteht das erste Frauenhaus Deutschlands. Frauengruppen starten damit, andere Frauen zu beraten, die Opfer von (sexueller) Gewalt wurden.
1986
Rita Süssmuth wird die erste Frauenministerin. Da die Amtsbezeichnungen für Ministerinnen und Minister damals noch rein männlich sind, weist das Türschild an Süssmuths Büro sie als ‚Bundesminister‘ aus.
1993
Heide Simonis wird die erste Ministerpräsidentin in Deutschland.
1994
Das Gleichberechtigungsgebot in Artikel 3 Absatz 2 im Grundgesetz wird ergänzt. Seit 1949 war die Formulierung “Männer und Frauen sind gleichberechtigt” Basis für die rechtliche Gleichstellung in Deutschland. Trotz vieler Fortschritte veränderte sich die soziale Wirklichkeit aber nur schleppend. Im November 1994 wird Artikel 3 deshalb um die Formulierung „der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“ erweitert.
1995
Bei der vierten Weltfrauenkonferenz der UNO in Peking steht im Abschlussprotokoll: „Frauenrechte sind Menschenrechte!“.
1998
Der Deutsche Bundestag bestimmt am 15.5.1998 endlich, mit einer großen Mehrheit von 470 Stimmen (Nein-Stimmen 138, Enthaltungen 35), dass Vergewaltigung in der Ehe strafbar wird.
2005
Nach acht männlichen Amtsvorgängern wird die CDU-Politikerin Angela Merkel am 22. November 2005 die erste Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland.
2007
Am 1.1.2007 tritt das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit in Kraft. Dieses ermöglicht es Müttern und Vätern, bis zu 14 Monate aus dem Beruf auszusteigen und in dieser Zeit 67 Prozent des Einkommens als Elterngeld zu bekommen.
2016
Seit dem 1. Januar 2016 gilt die feste Geschlechterquote von 30 Prozent für neu zu besetzende Aufsichtsratsposten in etwa 150 großen Unternehmen. Über 3500 weitere Unternehmen sind ab diesem Zeitpunkt dazu verpflichtet, sich Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils zu setzen. Das gleiche gilt für den öffentlichen Dienst.
2024
Fast jedes fünfte Mitglied im Vorstand der 100 größten Unternehmen Deutschlands ist eine Frau. So viele wie noch nie. Trotzdem: 30 Firmen werden ausschließlich von Männern geleitet.

Bibiana Steinhaus – die erste Schiedsrichterin, die in Deutschlands höchster Fußball-Liga bei den Männern pfiff
https://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/bundesliga/darum-beendet-schiedsrichterin-bibiana-steinhaus-ihre-karriere-17053208.html
Warum der Kampf für den Erhalt der Frauenrechte wichtiger ist denn je
Unbestritten, in den letzten 114 Jahren wurde sehr viel erreicht – von kämpferischen Frauen. Doch von einer echten Gleichstellung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ist auch Deutschland weit entfernt: Gender pay gap, schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wachsende (sexuelle) Gewalt gegen Mädchen und Frauen, steigende Zahl von Femiziden sind nur einige wenige Stichworte.
Und: Das Erreichte ist in Gefahr. Vor allem dort, wo rechte, rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien an die Macht kommen: In Polen gilt auch unter Premier Tusk nach wie vor das von der rechtskonservativen PiS-Regierung eingeführte radikale Abtreibungsverbot. In Italien propagieren Ministerpräsidentin Georgia Meloni (selbst alleinerziehende Mutter) und ihre Fratelli d’Italia das Familienbild „Vater, Mutter, Kind – Kinder, Küche, Kirche“. Und in den USA verblutetet 2022 die 28-jährige schwangere Amber Nicole Thurman aus Georgia an den Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs auf dem OP-Tisch. Die Ärzte warteten 20 Stunden, bis sie Maßnahmen ergriffen – aus Angst vor Strafverfolgung. Kurz vor Thurmanns Tod hatte Georgia ein radikales Abtreibungsverbot eingeführt, nachdem der Supreme Court mit Mehrheit der von Trump eingesetzten Richter im Juni 2022 das seit fast 50 Jahren in den USA geltende landesweite Recht auf Abtreibung abgeschafft hatte.
In Deutschland propagiert die AfD „Vater, Mutter, Kind – Kinder, Küche, Kirche“
Das rechte Frauenbild ist ein autoritäres. Es ist ein von Männern vorgezeichnetes Bild. Und: Es geht vor allem um Macht – um Macht und Kontrolle über Leben und Körper von Frauen. Dass auch in Deutschland die erkämpften Frauenrechte massiv in Gefahr sind, zeigt das Erstarken der AfD und das von ihr propagierte Frauenbild. AfD-Vordenker Björn Höcke: „Das Männliche ist geprägt durch Wehrhaftigkeit, Weisheit und Führung“, während „dem Weibe Intuition, Sanftmut und Hingabe“ innewohnten. Und im EU-Wahlkampf gab Spitzenkandidat Maximilian Krah auf seinem TikTok-Kanal dem (vorwiegend männlichen) Publikum wichtige Dating-Tipps: „Echte Männer sind rechts, echte Männer haben Ideale, echte Männer sind Patrioten, dann klappt es auch mit der Freundin.“
Das mühsam Erkämpfte ist erkennbar bedroht. Was bedeutet: Es muss beschützt und verteidigt werden. Vorbilder für den erfolgreichen Einsatz für Frauenrechte gibt es auch in Deutschland genug. Etwa Ida Democh, die am 18. März 1901 als erste deutsche Frau an der Universität Halle das medizinische Staatsexamen ablegte. Oder die Sozialdemokratin Elisabeth Selbert, die 1948 maßgeblich dafür sorgte, dass die Formulierung „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ im Grundgesetz landete. Oder Bibiana Steinhaus-Webb – die einzige Frau, die jemals ein Spiel der Fußball-Bundesliga der Männer geleitet hat. Diese Beispiele demonstrieren: Der Kampf lohnt sich!