


Am Sonntag dem 09.11.2025 trafen sich bei leicht regnerischem Wetter 85 Personen auf dem Kantplatz im Martinsviertel zu einem Rundgang zu den Stolpersteinen und Gedenktafeln der deportierten und ermordeten jüdischen Menschen. Der Tag war gewählt im Gedenken an die Reichspogromnacht, bei der in der Nacht vom 9.11. auf den 10.11.1938 in ganz Deutschland die Synagogen brannten. In Darmstadt lebten damals hunderte von jüdischen Bürger:innen, die fast alle Opfer von Deportation und Vernichtung während der Zeit des Nationalsozialismus wurden.
Unsere Gruppe hatte im letzten Jahr an einem solchen Erinnerungsgang in Arheilgen teilgenommen, der von der SPD und vom Arheilger Geschichtsverein organisiert war. Wir waren damals sehr berührt von den Lebensgeschichten dieser jüdischen Menschen, die an den ehemaligen Wohnhäusern verlesen wurden. Da dieses Jahr weder der Arbeitskreis Stolpersteine noch die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit einen solchen Gang angeboten hat, entschlossen wir uns, selbst etwas zu organisieren.
Es wurde ein Rundgang vom Kantplatz bis zum Mahnmal der alten Synagoge auf dem Gelände der Städtischen Kliniken Darmstadt geplant. Insgesamt 443 Stolpersteine gibt es in Darmstadt, 8 Personen von den 443 wurden ausgewählt, um ihre Geschichte vorzustellen. Wir konnten dabei auf die beeindruckende Auflistung von Biografien zurückgreifen, die der Arbeitskreis Stolpersteine zusammengetragen hat. Damit wir auch gut zu verstehen waren, hat uns der Geschichtsverein Arheilgen freundlicherweise ihren Lautsprecherwagen und Mikrofon geliehen.


Die Geschichten, die von Männern und Frauen aus unserem Kreis vorgetragen wurden, haben alle Anwesenden angerührt, sei es die Frau, die wahrscheinlich grundlos denunziert wurde, das Mädchen, das nicht mit ihrer Familie in die USA auswandern konnte, der junge Mann der möglicherweise eine geistige Behinderung hatte oder die erfolgreichen Geschäftsleute, der Kommunist und weitere, die den Nazis zum Opfer gefallen und nach unendlichem Leid ermordet worden sind. An jedem Halteort wurden die Stolpersteine gereinigt und weiße Rosen niedergelegt, um unseren Respekt und unser Gedenken für diese Opfer des Nationalsozialismus zu zeigen.



Aus der Geschichte unserer Stadt ist uns bekannt, dass die November Pogrome kein plötzlicher Ausbruch von Hass waren. Sie waren das Ergebnis von Jahren des Antisemitismus, der Hetze, der Gleichgültigkeit, des Wegschauens. Stehen wir nicht auch heute wieder an gleicher Stelle? Der gemeinsame Weg durch unsere Stadt ermöglicht auch ein Innehalten und Reflektieren.


Der Rundgang endete ganz unerwartet mit einer Besichtigung der liberalen Synagoge am Mahnmal für die Pogromnacht auf dem Gelände der Städtischen Kliniken. Ein Vertreter der liberalen Synagoge hatte in der Zeitung den Hinweis auf den Rundgang gesehen, hatte sich ausgerechnet wann wir etwa am Mahnmal eintreffen würden und hat uns dann erwartet, um uns anzubieten sich die wenigen Ruinen der alten Synagoge anzusehen. Das war eine Überraschung und tatsächlich ein würdiger Endpunkt für unseren Rundgang.

Unser Dank gilt allen Beteiligten sowie den beiden Beamten der Polizei, die uns den ganzen Weg über begleitet und abgesichert haben. Vor allem aber den 3 Initiatorinnen der OMAS GEGEN RECHTS Darmstadt: ihr habt eine ganz hervorragende Arbeit geleistet, für die sich viele der Teilnehmer:innen der Veranstaltung ausdrücklich bedankt haben.